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ie moderne bahrainische Frau ist in allen Lebensaspekten im Königreich Bahrain gegenwärtig. Dass sie in der bahrainischen Literatur vorkommt, versteht sich von selbst. Schauen wir auf die Romane, in denen die Frau eine große Rolle spielt. Das Bild der Frau im bahrainischen Roman entspricht weitgehend dem Frauenbild der arabischen Literatur im Allgemeinen und der Literatur der Golfstaaten im Besonderen.
Bei der folgenden Erörterung des Bildes der Frau im bahrainischen Roman soll es aus Platzgründen keine Rolle spielen, ob es sich um Autorinnen oder Autoren handelt; die Unterschiede sind nämlich nicht groß. Entscheidend ist vielmehr der implizierte Autor, der im kollektiven Verstand, den Gewohnheiten und im vorherrschenden Stereotyp in Erscheinung tritt. An dieser Stelle sind wir weniger daran interessiert, über die Motive für dieses Bild zu diskutieren, als dieses Bild selbst zu betrachten.
Zunächst fällt auf, dass schon die Titel der modernen bahrainischen Literatur eine gewisse Voreingenommenheit aufweisen oder eine bestimmte Haltung gegenüber der Frau einnehmen (sei diese negativ oder positiv). Teils soll dadurch ein stereotypes Bild vermittelt werden, teils soll dies hinterfragt werden. An dieser Stelle führen wir als Beispiele die folgenden Titel an: Der Roman ”Die Belagerung” der Schriftstellerin Fawziya Rashid aus dem Jahr 1983 und ”Die Veränderungen des fremden Ritters im Land der Araber” aus dem Jahr 1990. Ferner ”Die Kummer der Tochter des traurigen Schicksals” aus dem Jahr 1992 der Schriftstellerin Hissa Jama al-Kabi; ”Badriya unter der Sonne” aus dem Jahr 1997 von Laila Hasan as-Saqar; ”Die beiden Schleier” aus dem Jahr 2004 von Fathia Nasser; ”Der Mann ist die Frage” von 2009 und ”Die Frauen des Genusses” von Munira Sawar aus dem Jahr 2008; ”Der Tandoor” von Farid Ramadan aus dem Jahr 2006 und ”Die Tränen sind das Wasser der Wonne” aus dem Jahr 2006; ”Maryam: Die Biographie der Khidab und der Frauen, deren Namen verlorengegangen sind” aus dem Jahr 2013 von Hussein al-Mahrous ”Das Labyrinth Zahras” aus dem Jahr 2015 von Shayma al-Watani, ”Die Begrabene” aus dem Jahr 2018 und ”Gesichtslos” von Nadia al-Mallah aus dem Jahr 2020.
All diese Titel weisen in erster Linie auf eine kritische Einstellung hin, die die Autorinnen und Autoren gegenüber der Stellung der Frau innerhalb der bahrainischen und arabischen Gesellschafft im Allgemeinen teilen. All diese Titel deuten auf das Leid und den Kampf der bahrainischen Frau hin, die sie zur Erlangung ihrer Rechte oder zur Zerschlagung der gesellschaftlichen Zwänge durchleben muss. Diese sind das Resultat gewisser Bräuche oder einer Kultur, in der das Patriarchat vorherrscht. Zur Metaphorik der genannten Titel gehören die Themen der Belagerung, des Schicksals, des Schleiers, des Labyrinths, des Tandoors (als Metapher für die Küche) und des Verlusts der Identität. Sie zeugen von der Realität der unterdrückten oder der verschleierten, unfreien Frau, die auch schon Laila as-Saqar in ihrem Roman ”Badriya unter der Sonne” thematisiert hat. Bereits der Titel deutet darauf hin, dass es dem Mann nicht mehr möglich ist (und es auch nicht sein Recht ist), die bahrainische Frau zu verschleiern, im Haus zu verbergen oder ihr den Namen und ihre Identität zu rauben. Das führt freilich zu Überlegungen, die Fathiya Nasser angestellt hat, wenn sie feststellt, dass hier nicht mehr, wie zuvor in der Literatur, der Mann in Frage steht (”Der Mann ist die Frage”), sondern die Frau (”Die Frau ist die Frage”). Die Aspekte, die die genannten Titel aufwerfen, gehen also nicht über ein Stereotyp hinaus, das sich in der arabischen Literatur des Golfs und des Mittelmeerraums stets wiederholt, auch wenn es sich jeweils unterschiedlich ausprägt.
Zum Erzähltext
Viele Fragen, denen die bahrainischen Schriftsteller ihr Interesse gewidmet haben, sind meistens mit dem kognitiven Hintergrund des Autors und der Natur seiner Gesellschaft verbunden. In seinem Buch ”Der Ort im bahrainischen Roman” machte Dr. Fahd Hussein darauf aufmerksam, dass es die realistische Haltung sei, durch die die meisten bahrainischen Schriftsteller beeinflusst worden seien. Dadurch werde in ihren Werken die Realität durch die Augen der Autoren im Lichte ihrer kognitiven Betrachtungen und Orientierungen behandelt1. Im Lichte dessen verleihen die bahrainischen Schriftsteller dem Bild der Frau Ausdruck. Dieses Bild basiert auf einer Anzahl von Ideen und symbolischen Dimensionen, die mit dem Denken des Autors und seiner sozialen Ansicht in Verbindung stehen. Diese geben die tragische Realität, die die Frau durchlebt, anhand der sozialen und psychischen Umstände wieder, die sie in einer patriarchalischen Gesellschaft erlebte. Seit ihren Anfängen zielt der bahrainische Roman darauf ab, die Frage nach der Emanzipation der Frau auf emotionaler und sozialer Ebene von der Realität aus zu behandeln, die durch Religion und sozialer Bräuche beherrscht wird.
Des Weiteren zielte sie darauf ab, die Verbindung dessen mit den Bewusstheitserscheinungen, die sich in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts formten, und den damit einhergehenden Wellen religiöser Bewusstheit in den Achtzigern zu behandeln. Obwohl die Frau in der bahrainischen Gesellschaft im öffentlichen Leben viele Positionen einnahm, behandelten alle Romane weiterhin meistens den Zustand der Unterdrückung und den kontinuierlichen Kampf der Frau, ihre Rechte (vom Mann) zu erlangen. Laut Dr. Fahd Hussein zeigten sie sie meistens als unterdrückte Frau, die ein Opfer der patriarchalischen Herrschaft und der (veralteten) gesellschaftlichen Bräuche sei. Selten erscheint sie aber auch als rebellische Revolutionärin oder als zufrieden und unterwürfig (und als Frau, die sich ihrem Schicksal ergeben hat) oder vielleicht als Frau, die sich mit ihrer Situation abgefunden hat, auch wenn andere dies nachteilig für ihre Rechte erachteten.
Das Bild der unterdrückten Frau
Die Autorin Laila as-Sayyid fasst für uns anhand ihres Romans ”Die Frauen des Genusses” von Munira Sawar einige Arten der Unterdrückung zusammen, die die Hauptcharaktere des Romans erleiden. Diese Hauptcharaktere sind Zahra, Mahdia, Badriya und Amal. Jede von ihnen hat eine Geschichte, die diese Unterdrückung illustriert2. Diese lässt sich in einer Anzahl von Situationen erkennen, darunter: Die Unterdrückung Zahras durch ihren Ehemann, der sie schlägt und beleidigt. Kaum betretet sie die Wohnung, da überrascht er sie schon mit seiner Hand und schlägt sie auf ihre Schläfe. Dies genügt ihm aber nicht, denn er zieht sie hierauf an ihrem Schleier, wirft sie auf das Sofa und wütet mit seiner lauten Stimme: ”Prostituierte sind die einzigen, die sich nachts mit fremden Männern auf der Straße unterhalten und lachen. Ich habe erst heute erfahren, dass ich mit einer Prostituierten verheiratet bin3.” Eine weitere Stelle ist: ”Da ist der Schrei der Ehefrau von Nasser an-Nayim, begleitet von einem starken Weinen und gefolgt von Schluchzen und starkem Röcheln. Sie durchquert schnell die Straße, da ist auch das Klackern ihres Holzschuhs, das Weinen ihrer Kinder, die hinter ihr hergehen, und die Stimme einiger Frauen, die versuchen sie zu beruhigen. Einige von ihnen finden die Gelegenheit die Männer für ihre Taten zu beschimpfen. Nach kurzer Zeit folgt ihr ihr Ehemann, üblicherweise mit dem Stock für seinen Esel. Es bricht Geschrei aus, eine Stimme mit starken Schreien ist zu hören. Geschrei und Tumult bricht auch seitens einiger Personen aus, die den Streit schlichten wollen. Nun tut er genau das, was er immer tut, er hält sie an ihren Haaren, wirft sie zu Boden, hebt sie wieder auf und schleift sie nach Hause, vor dem Weinen der Kinder und der Missbilligung der Leute aus dem Viertel, die versuchen ihn davon abzuhalten sie zu schlagen4”.
An einer anderen Stelle lesen wir: ”Plötzlich verwandelte sich die weite Straße in bloß noch einen angsteinflößenden dunklen Keller. Alles um mich herum schwankte hin und her, er war weiter zornig und verachtete mich, ich schloss meine Augen nach den Schlägen… Ich spürte da nur seine Hand, wie sie die Seele vor dem Gesicht zerschlug. Je mehr ich zu schreien versuchte, desto stärker drückte er auf meinen Hals, wie einer der Rache nehmen will. Ich verlor meine ganze Kraft, lief zum Zimmer und packte ein paar meiner Sachen, während mich meine Kinder mit Verwunderung ansahen”5.
Ebenfalls zu den Darstellungen dieser Unterdrückung gehört die Willkürlichkeit des Manns bei der frühzeitigen Verheiratung des jungen Mädchens, bei seinem Recht, mehrere Ehefrauen haben zu dürfen, und bei der Praktizierung der Genussehe. Die Schriftstellerin Laila Hasan As-Saqar versuchte die Frage der frühzeitigen Ehe in ihrem Roman ”Badriya unter der Sonne” durch den Charakter Badriya zu thematisieren, die aus ihrem Elternhaus gerissen wurde, um mit zehn Jahren zu heiraten: ”Ach!. Ach Zeit. Warum hast du mir die Sonne gestohlen?! Warum hast du mir meine Kindheit und meine Spiele weggenom- men? Warum? Warum entfachst du Feuer in meinem Körper? Ach! Meine Tränen sind heiß und brennen und meine restliche Kindheit bröselte… Tränen flossen auf Wüste und unfruchtbarem Land…Tränen flossen, wie sehr ist die Flamme des Herzens doch ausgelöscht. Ach! Dort draußen sind sie und lachen, singen und tanzen!! Wegen wem?! Wegen mir?”6. Wir sehen, wie sich das Mädchen die Hochzeitszeremonien wie bei ihrer Puppe vorstellt, ohne den Kontext des Ereignisses zu ver- stehen. Dennoch stößt sie wegen diesem schmerzhaften Brauch einen Schrei raus. Letztendlich erfährt sie aber den Zustand der Unterdrückung, indem sie für eine geringe Brautgabe (500 Rupien) einen Mann heiratet, dessen Namen sie nicht einmal kennt. Diese Art der Verheiratung wird stets mit der Furcht vor Schande gerechtfertigt7.
Im Roman ”Die Frauen des Genusses” thematisiert Munira Swar das Thema gleichermaßen. Sie sagt: ”Sie beendete ihr letztes Schuljahr mit großer Schwierigkeit und mit einem Gesamtdurchschnitt von 60 Prozent. Es interessierte sie nicht. Für sie hatte nur noch das Zusammensein mit ihm Bedeutung, denn die Zukunft ist nichts ohne ihn. Sie wurde Adil feierlich übergeben als sie achtzehn Jahre alt war. Es war so, als hätte sie in einem Traum gelebt, von dem sie nie gedacht hätte, dass er eines Tages enden könnte. Sie vergaß, dass Träume im Vergleich zur Realität nur von geringer Dauer sind 8.
Bei der Schriftstellerin Fathiya Nasser wird dieses Thema in ihrem Roman ”Der Mann ist die Frage” in der Erzählung über die Mutter der Protagonistin der Geschichte ”Raja” dargestellt. Sie beschreibt die Realität der ersten Ehefrau in einer Familie mit mehreren Ehefrauen: ”Nach dem Frühstück brachte die Mutter von Raja das restliche Essen zum Vieh. Die anderen beiden Ehefrauen waren die Verwöhnten und ihre Mutter… sie war die Verachtete. Das lag daran, dass sie die erste Ehefrau war, die Ehefrau, die die Verantwortung trägt. Die Ehefrauen, die nach der ersten Ehefrau kommen, sind für den Genuss und die Verwöhnung daBei der Schriftstellerin Fathiya Nasser wird dieses Thema in ihrem Roman ”Der Mann ist die Frage” in der Erzählung über die Mutter der Protagonistin der Geschichte ”Raja” dargestellt. Sie beschreibt die Realität der ersten Ehefrau in einer Familie mit mehreren Ehefrauen: ”Nach dem Frühstück brachte die Mutter von Raja das restliche Essen zum Vieh. Die anderen beiden Ehefrauen waren die Verwöhnten und ihre Mutter… sie war die Verachtete. Das lag daran, dass sie die erste Ehefrau war, die Ehefrau, die die Verantwortung trägt. Die Ehefrauen, die nach der ersten Ehefrau kommen, sind für den Genuss und die Verwöhnung da”9.
Im Roman ”Die Tränen sind das Wasser der Wonne” von Farid Ramadan erzählt uns die Mutter von Ismael vom Dorfältesten, der die Leute mit Hilfe von Volksmedizin behandelt. Ihr wird ein Telegramm vom Onkel Ismaels gebracht, nachdem ihre Familie nicht in der Lage war, einen Behandlungsweg für ihre Krankheit und ihre Erschöpfung zu finden: ”Er sagte uns, dass wir sie berühren müssen, also fragten wir, wie dies erlaubt sein kann o Ältester. Sie ist trotz ihrer Erschöpfung ein reifes Mädchen. Er sagte: Wir schließen einen Berührungsvertrag ab, der mir erlaubt, sie zu berühren und mit Öl zu massieren. Ihr sollt sie bei mir im Haus lassen und nach einer Woche wieder abholen. Wir sagten: Wir werden die Religionsgelehrten fragen. Wir fragten nach diesem Vertrag, der einem Ehevertrag ähnelt, aber nur erlaubt, die Frau zu berühren, und nicht, mit ihr zu schlafen. Uns wurde geantwortet, dass dies erlaubt sei, um einen Zauber zu behandeln. Es kam ein weiterer Ältester, der den Vertrag mit dem Koran als Brautgabe abschloss, und wir ließen sie in seinem Haus mit seinen drei Ehefrauen zurück. Nach einer Weile bekam sie nicht mehr ihre Periode, also fragten wir den rechtschaffenen Mann und er sagte: Ja, ich habe mit ihr geschlafen. Wir sagten: Ist dies denn erlaubt? Wir fragten ein weiteres Mal die Religionsgelehrten und sie sagten uns: Da sie von ihm schwanger ist und er zugibt, mit ihr geschlafen zu haben, ist sie nun seine Ehefrau und das, was sich in ihrem Schoß befindet, ist sein Nachkomme. Deine Tante kon- nte von ihrer unentdeckbaren Krankheit nicht geheilt werden und dies war so bis zur Geburt, da brachte sie einen Jungen zur Welt, den wir nach deinem Großvater benannten, o Ismael”10.
Die Romanwerke behandelten auch die Frage nach der Kontrolle der Brüder über das Leben ihrer Schwestern und über ihre Entscheidungen, auch wenn der Bruder jünger ist als die Frau. Im Roman ”Die Frauen des Genusses” wird über einen der Hauptcharakter (Amal) berichtet: ”Sie wuchs auf und war von vielen Dingen, die ihre Eltern und Geschwister einzuhalten pflegten, nicht überzeugt. Sogar ihr Bruder, der vier Jahre jünger war als sie, war ihr Vormund. Er hatte das Recht, sie zu belangen, wenn sie zu spät nach Hause kam, zu lange am Handy redete oder sogar wenn sie etwas von sich gab, mit dem er nicht zufrieden war! Sie war weder glücklich mit ihrem Umfeld noch war die darüber stolz, aber sie ergab sich. Nie versuchte sie zu rebellieren oder etwas zu tun, was ihm missfallen könnte.
Wie im alltäglichen Leben in Bahrain ist die Frau im Roman für die Hausarbeit zuständig. Sie muss den Männern ihr Essen zubereiten und ihre Bedürfnisse erfüllen. Dieses Stereotyp der verheirateten Frau und der Mutter wiederholt sich häufig in den Romantexten
”Da antwortete er ihr plötzlich: Keiner von uns hat die Universität besucht, wir alle arbeiten mit unserem Abitur. Auch du brauchst kein Studium, du brauchst nicht einmal Arbeit. Es ist besser, wenn du Zuhause bleibst, bis dir Gott deine Angelegenheit erleichtert und du wie deine Schwestern heiratest”11.
Der Mann könnte das Gesetz und die ihm zuge- standene Autorität ausnutzen, um die Frau zu unterdrücken und sie ihrem einfachsten Recht zur weiteren Eheschließung berauben12. ”Danach wurde sie nicht mit Leichtigkeit geschieden! Ali ließ sie nämlich so starke Bitterkeit kosten, sie und ihre Geschwister, dass sie es nicht für wahr halten konnten, wie ihre Schwester all die Jahre mit ihm leben konnte. Vor ihnen war er nämlich das sanftmütige Lamm! Er ließ sich erst von ihr scheiden, nachdem er ihr geschworen hatte, dass sie nach ihm mit keinem anderen Mann zusammenleben würde, sonst würde er ihr nämlich für immer ihre Tochter wegnehmen”13.
Wie im alltäglichen Leben in Bahrain ist die Frau im Roman für die Hausarbeit zuständig. Sie muss den Männern ihr Essen zubereiten und ihre Bedürfnisse erfüllen. Dieses Stereotyp der verheirateten Frau und der Mutter wiederholt sich häufig in den Romantexten.
Um es kurz zu halten führen wir zwei Beispiele an. Im Roman ”Das Labyrinth Zahras” lesen wir: ”Aber diesmal weckte er mich und forderte von mir, dass ich Dinge im Haushalt erledige oder mich um einen Arztbesuch kümmere. Selbst wenn das Haus brennen würde, würde er seinen Kopf nicht vom Kissen nehmen. Ich saß auf der Schwelle der Küche und beklagte meine Enttäu- schung. Fatima war auf meinem Schoß und ver- suchte mit ihren kleinen Händen meine Nase zu berühren, während Mahmoud versuchte sich die Schnürsenkel zu binden, dabei die Schuhe aber falsch herum trug”14.
Im Roman ”Badriya unter der Sonne” lesen wir: ”Bei Sonnenaufgang melkt Badriya die Schafe und wäscht hierauf ihre Kleider in der Quelle. Sie wäscht auch sich selbst, wobei sie ihr traurig zuflüstern. Sie kehrt sehnsüchtig zurück und hebt das Holz auf, um das Feuer anzumachen und die bittere Realität mit Reis in ihrem Topf zu kochen. Sie lehnt sich an der Wand hinter der Mühle an, so wie ihre Mutter pflegte das Korn zu mahlen. Durch die Schritte Alis wurde Badriya aus ihren Gedanken gerissen, hob ihren mit Staub bedeck- ten Kopf und sah seine große Statur. Er starrte sie an und schrie: Wie sehr wünsche ich mir, ein Mal das Haus zu betreten und dich nicht beim Fegen zu sehen! Bist du nicht erschöpft?! Ich bin es leid zu sehen, wie du mit Staub bedeckt bist. Badriya senkte ihren Kopf in Trauer, zeigte aber ein kümmerliches, unterdrücktes und gebrochenes Lächeln. Ali lehnte sich an der Wand an, trocknete seine nassen Hände mit seinem Gewand, spielte mit seinem Schnurrbart und sagte zornig: Möge Gottes Fluch über dich kommen o Tochter Issas. Ich bin erschöpft und hungrig, aber zu fegst den Boden?! Was ist wichtiger, ich oder der Boden?”15. Allgemein erscheint das Bild der unterdrückten Frau in vielerlei Darstellungen in der bahrainischen Literatur, darunter:
1- Das Bild der rebellierenden Frau
Die Frau versucht gegen die Hegemonie des Mannes und der vorherrschenden Bräuche zu rebellieren. Die gesellschaftlichen Veränderungen und die Einflüsse der Globalisierung spielten bei dieser Darstellung, bei der die Frau darauf abzielt, ihre Existenz und ihre Unabhängigkeit vom Mann und seiner Hegemonie zu bekräftigen, eine gewisse Rolle. Auch die Entwicklung des Rechts- und Wirtschaftssystems und die sozialen Veränderungen hatten einen Einfluss auf das kulturelle Leben und auf juristischer Ebene. Dies lässt sich auch in den Romanwerken in Bahrain erkennen. Um es kurz zu fassen führen wir hier zwei Beispiele an. Das erste Beispiel stammt aus dem Roman ”Der Mann ist die Frage” von Fathiya Nasser: ”Die Schriftstellerin Fathiya Nasser versuchte in ihrem Roman ”Der Mann ist die Frage” diese Probleme durch die Realität von der Freundschaft zwischen Mann und Frau und der Frage nach der Liebe und dessen Realität zwischen beiden aufzuwerfen. Die Geschichte verweist auf eine Freundschaft, die zwischen Ali (der das Modell des modernen Manns repräsentiert) und Raja, die das Modell der Frau repräsentiert, die gegen ihr konservatives Umfeld und die Bräuche und Traditionen der konservativen Gesellschaft, in der sie aufgewachsen war, rebellierte, um eine bekannte Sängerin zu werden, die in Hotels und an berühmten öffentlichen Orten arbeitet, entstand.
Sie heiratet Nadir, einen emanzipierten Mann, den es nicht interessiert, ob seine Ehefrau, mit der er sein Leben teilen wird, Jungfrau ist oder nicht. Somit wird aus einem statischen Leben, das in der Gesellschaft des Harems in Bahrain vorherrscht und von sozialen Bräuchen und religiösen Tabus beherrscht wird, ein Leben der Aufgeschlossenheit, in dem die Werte der aristokratischen Gesellschaft vorherrschen, die im Kontrast zu den Werten und Bräuchen der konservativen Gesellschaft stehen. Im Roman informiert Raja Ali darüber, dass er ein Minister werden wird, was er auch wurde. Ali ist derjenige, mit dem Raja im Roman das vermeintliche Leben der Freundschaft führt. Der Roman beginnt mit einer essentiellen Frage in der Beziehung zwischen Raja und Ali. Die erste Frage lautet: Liebte er mich nicht. Gibt es Freundschaft zwischen Mann und Frau? Raja selbst stellt sich diese Frage, während sie ihren einzigen Mann auf dem kleinen Bildschirm sieht. Er ist der einzige Mann, bei dem sie sich wünschte, sich ihm nicht ebenbürtig zu fühlen.
Sie erinnert sich, dass sie ihm vor langer Zeit vorausgesagt hatte, dass er Minister werden würde und dass sich ihre Prophezeiung erfüllt hat. Er hingegen hatte ihr vorausgesagt, dass sie eine glänzende Persönlichkeit und ihr Name auf irgendeiner Weise in der Gesellschaft präsent werden würde. Er ging jedoch nicht davon aus, dass sie eine Sängerin werden würde. Sie weiß nicht, ob er nun stolz auf ihre Bekanntheit ist oder seine Meinung geändert hat. Zweifelslos ist sie jedoch stolz auf ihn. Sie hatte ihn bei seinem beruflichen Aufstieg begleitet und beobachtet, wie er so groß wurde, dass er im Begriff war, das Ministeramt zu bekleiden16”.
Das andere Beispiel stammt aus dem Roman ”Die Frauen des Genusses” von Munira Sawar: ”Suhair trug ihr neues schwarzes Kleid, das einen großen Teil ihrer Brust und ihrer Beine zeigte.. Dann öffnete sie ihre Schmuckkiste, um daraus etwas Passendes herauszusuchen. Sie wühlte mit ihrer Hand in der Kiste und entschied sich letztendlich dafür, eine rote Kette zu tragen. Sie stand da und betrachtete ihren sinnlichen Körper, dessen Kurven sich unter dem engen Kleid abzeichneten. Bevor sie ihr schwarzes Haar herunterließ und roten Lippenstift auf ihre festen Lippen auftrug, um ihrem Make-up im Auto den letzten Touch zu verleihen, betrachtete sie sich ein letztes Mal selbst im Spiegel. Es ist zehn Uhr abends, was meinst du wo man zu dieser Uhrzeit hingehen kann? Sie begann die Straßen Manamas zu durchkämmen. Dabei schaute sie aus dem Aut- ofenster, als würde sie nach etwas oder eventuell nach jemandem suchen. Was geht ihr durch den Kopf? Ist sie so verrückt geworden, dass sie zu dieser Uhrzeit ziellos rausgeht!.. Sie blieb an einer Ampel stehen und schaute auf das Auto neben ihr, in dem sie die Augen des Fahrers erblickte, die sie anschauten und schon aus den Augen- höhlen hervorkamen. Sie schenkte ihm keine Aufmerksamkeit, denn sie hatte sich schon an die Blicke der Männer gewöhnt!. Sie schaute weg von ihm und blickte auf ihr Lenkrad. Sie zuckte unbekümmert mit ihren Schultern, als ob sie zu sich selbst sagen würde: Es gibt nichts Neues. Die gewagten Blicke dieses Manns machten sie glücklich! Ist dies das einzige Mal, bei dem die Blicke und das Interesse der Männer sie glücklich machten?! Dies fragte sie sich selbst, ohne es zu beantworten. Sie schaut zum Café, dass sich nah bei der Ampel befindet. Sie fuhr weiter und wollte zum Café. Sie blickte in den Rückspiegel und sah, dass der Mann, der mit ihr an der Ampel flirtete, sie weiterhin verfolgte. Ein weiteres Mal fühlte sie dieselbe Zufriedenheit, die sich durch ein Lächeln auf ihren Lippen zeigte. Sie stieg aus ihrem Auto und lief absichtlich langsam, dabei erhaschte sie einen verstohlenen Blick auf ihn und ging ins Café. Das Café war voll mit Männergruppen, die an den einzelnen Tischen saßen. Sie hatte das Ge- fühl, dass alle Blicke auf sie gerichtet waren und man ihre Schritte und Atemzüge genau beobacht- en würde. Sie fühlte sich stark bedrängt.. hatte sie etwa bei ihrem Outfit und ihrem Makeup anstößig übertrieben? Warum starren sie mich so an? Ich bin nicht die einzige Frau hier. Dies sagte sie zu sich selbst und erhaschte dabei einen Blick auf drei Tische, an denen Männer und Frauen saßen. Sie wünscht sich, sie könnte ihre Schritte rückgängig machen und wieder zu ihrem Auto zurückkehren! Es scheint jedoch so, als sei keine Rückkehr mehr möglich. Sie muss weiter in Richtung dieses einzelnen Tisches in der Ecke des Cafés gehen17”.
2- Die Frau als Partnerin des Mannes
Im bahrainischen Roman ist aber auch die Darstellung der Frau zu finden, die als Partnerin des Mannes im alltäglichen Leben erscheint. Sie überwältigt mit ihm die Lebensangelegenheiten und teilt mit ihm seine familiären, wirtschaft- lichen, kulturellen, politischen, gesundheitli- chen und sozialen Sorgen. Hierfür gibt es viele Beispiele, an dieser Stelle werden wir uns mit zwei Beispielen genügen:
Im Roman ”Der Hüter der Orchidee” von Jafar Yacoub steht: ”Sara ist aufgewacht und Blumen standen auf dem Nachtschrank. Kaum war ich fertig, da lächelte sie auch schon, auch wenn sie etwas verblüfft war, so als hätte sie mit dieser Dummheit von mir nicht gerechnet. Sie sagte, ohne ihre entspannten Gesichtszüge zu verändern, was sie noch attraktiver machte: Ich verstehe dich und schätze die Umstände sehr, in denen ihr lebt, die Panik und die Entfernung, aber ich verstehe die Motive nicht. Eventuell benötigst du ein ausführliches Gespräch18”.
In ”Das Labyrinth Zahras” von Hussein Abd Ali, erleben wir, wie die Frau die Sorge und die Mühsal des Mannes teilt: ”Meine Großmutter redet in schwierigen Zeiten mit sich selbst. Ihre Worte werden durch etwas in ihrem Inneren verstärkt: Der, der gerade mit seiner Sense und seiner Gartenhacke hinausgegangen ist, wird bald zurückkommen, um seine Tochter in seinen Armen zu tragen. Er wirft Hochzeitsgeschenke zu den anwesenden Frauen und diese schubsen sich gegenseitig, um die Münzen und die Süßigkeiten unter ihren Füßen aufzuheben. Währenddessen wirst du das Rosenwasser versprühen und Blu- menkränze verteilen. Dasselbe hatte er ihr auch gesagt, als der Sieben-Uhr-Wind wehte, welcher das Ende der Tauchsaison ankündigte. Die Seefahrer kehrten zu dieser Zeit zu ihren Familien zurück und dass sicher zurückgekehrt waren ist das Wertvollste, das sie erbeuten konnten. Er sagte zu ihr, während sie die Küste entlang torkelte und zusammen mit Frauen, deren Männer das Meer vier Monate lang entführt hatte, kreisförmig um brennende Palmwedel saßen: ”Salman wird aus dem Meer zurückkehren”. Darauf antwortete sie mit: ”Bereue, bereue oh Meer19”.
Im bahrainischen Roman werden die Lebensrealität und die Einflüsse der Zeit und des Ortes auf
Referenzen die Identitätsbildung der modernen Frau thematisiert. In manchen Aspekten stimmt dieses Bild mit dem Bild der arabischen Frau überein, in man- chen nicht, in anderen wiederum wird ihre lokale Besonderheit bewahrt. Zu dem Bild, welches wir in diesem Artikel vorgestellt haben, können noch weitere ausführliche Studien gemacht werden, in denen das Bild der Frau in der Realität und in künstlerischen Darstellungen repräsentiert wird. Dabei wird jedoch ein neuer Ansatz benötigt, der die Frau als Mensch thematisiert, die zum Partner des Mannes wurde, da sie beide die verschiedenen Aspekte des Lebens vervollständigen.
Quellen:
1- Hussein, Fahd: Der Ort im bahrainischen Roman, Faradis li-n-nashr wa-t-tauzi, Manama, Auflage 1, 2003.
2- Ramadan, Farid: Der Tandor: Eine Wolke für Bab Al Bahrain, Masa li-n-nashr wa-t-tauzi, Manama, Auflage 2, 2014.
3- Ramadan, Farid: Die Tränen sind das Wasser der Wonne, Al Muassasa Al Arabiya li-n-nashr wa-t-tauzi, Beirut, Auflage 1, 2006.
4- Sawar, Munira: Die Frauen des Genusses, Beirut, Ad Dar Al Arabiya li-l-ulum Nashirun, Auflage 1, 2008.
5- As-Sayyid, Laila: Der feministische Roman in Bahrain, Zeitschrift Al-Kalima, Ausgabe 83, 2014.
6- As-Saqar, Laila Hassan: Badriya unter der Sonne, Staatsdruckerei, Bahrain, Auflage 1, 1996.
7- Abd Ali, Hussein: Das Labyrinth Zahras, Masa li-n-nashr wa-t-tauzi, Manama, Auflage 1, 2015.
8- Al-Mahrous, Hussein: Maryam/ Die Biographie der Khidab und der Frauen, deren Namen verlorengegangen sind, Masa, Manama, Auflage 2, 2015. 9- Al-Mallah, Nadiya: Gesichtslos, Dar Al-Firasha li-n-nashr wa-t-tauzi, Kuweit, Auflage 1, 2020.
10- Nasser, Fathiya: Der Mann ist die Frage, Al Muassasa Al Arabiya li-d-dirasat wa-n-nashr, Beirut, Auflage 1, 2009.
11- Yacoub, Jafar: Der Hüter der Orchidee, Dar wa Maktaba Rua li-n-nashr, Manama, Auflage 1, 2020.
Prof. Dr. Ali Abdulnabi Farhan
Außerordentlicher Professor für Arabische Sprache und Literatur an der Fakultät für Geistes- und Naturwissenschaften an der Ahlia Universität im König- reich Bahrain. Er bekleidete zuvor den Posten des Abteilungsleiters für Arabische Sprache und Öffentliche Studien. Derzeit ist er Leiter des Zentrums für Arabische Sprache und Nahost-Studien. Er veröffentlichte einige wichtige Bücher und wissenschaftliche Forschungen. Er organisierte und nahm Teil an vielen nationalen und internationalen Konferenzen und Workshops.