Um die Frage zu beantworten, wie die moderne arabische Literatur sich zur westlichen verhält, haben wir eine Gruppe männlicher und weiblicher Schriftsteller aus mehreren arabischen Ländern interviewt:
Wir beginnen mit Dr. Ghizlan Hashemi, geboren im März 1982. Sie ist Professorin an der Mohamed Cherif Musadia Universität in Algerien und Chefredakteurin der Zeitschrift ”Generation der literarischen und intellektuellen Studien”: Wenn wir die arabische literarische und kognitive Gegenwart im Allgemeinen betrachten, stellen wir fest, dass sie auf Standards, Trends, intellektuellem Inhalt und philosophischem Hintergrund basiert, die ursprünglich ein westliches Produkt sind. Auch wenn der Autor versucht, sie den Anliegen des arabischen Menschen und den kulturellen Umständen und den politischen, so zialen und religiösen Veränderungen innerhalb seiner Gesellschaften anzupassen, so bleiben sie eine Übertragung und Ausdruck einer Zeit der Bewunderung, von der der arabische Geist bis heute nicht befreit ist. Es gibt keinen klareren Beweis dafür, dass jede intellektuelle Vision, jede literarische Doktrin oder jedes Modell aus dem Westen lediglich über nommen wurde oder versucht wurde diese na chzuahmen, ohne etwas hinzuzufügen und ohne den spezifischen Kontext zu berücksichtigen. Sogar das Rätsel, auf dem sich neue literarische Texte, ob Roman oder Poesie, stützen, ist eine Erweiterung der westlichen zentralen Vision, die das westliche Modell als das vollständige betrachtet, was ihm den Vorzug verleiht und Ruhm und weltweite Verbreitung verspricht. Diese Texte versuchen, den Empfänger in die Erstellung verschiedener Texte einzubeziehen, wobei er sich auf seine intellektuellen Lesefähigkeiten verlässt, den Tod des Autors feiert und den Weg für die Geburt des vergötterten Lesenden/Superman bereitet.
Während der Autor mit seinen individuellen und sozialen Anliegen belastet war, gelang es ihm nicht, sich von der Mentalität der Konformität zu befreien, was ein psychologisches Dilemma und die Zerstreuung des Selbst zwischen einer reinen Identität und einer durch den globalen Kontext auferlegten multiplen Identität zum Ausdruck bringt. Daher wird der westliche Andere in seinen Texten präsent und als vollständigesund höchstes Modell angesehen. Diese Angelegenheit kann zur Entstehung schäumender literarischer Gemeinschaften führen, die sich nicht an bestimmte Standards halten, sondern versuchen, sich mit der Logik der Erfindung auseinanderzusetzen. Dies führt wiederrum zu einem literarischen Mangel, einer allgemeinen Entfremdung und zum Versuch, den westlichen Moment als totalen globalen Moment zu verfolgen. Daher stellt sich nun nicht mehr die Frage nach dem Ausmaß des Einflusses des Westens auf die arabische Kultur, sondern vielmehr: Wie kann der arabische Verstand vom westlichen Einfluss und seiner Rhetorik, die die Ideologie seiner Überlegenheit und Zentralität einschließt, befreit werden? Der Einfluss des Westens auf die arabische Kultur ist eine unbestreitbare Tatsache, die für ihre Akzeptanz Mut erfordert. Durch diese Anerkennung erlangt man Unabhängigkeit und wird zum reinen Selbstsein geführt. Im Gegensatz dazu glauben wir, dass abseits des enthusiastischen rhetorischen Tons die moderne arabische Literatur die westliche Kultur beeinflussen kann, wenn sie versucht, die Entlehnungen auf die Darstellung der Grenzen des Selbst auszurichten, weg von der erfundenen Form, die nur zu mehr Entfremdung führt. Die konzeptuelle Eindämmung, ob geschlechtsspezifisch, intellektuell oder thematisch, ohne Berücksichtigung der Subjektivitäts- und Identitätserwägungen, die die Produktion aus dem Lokalen zum Globalen führen, führt zu kreativer Leere und literarischer Schwäche. Wenn der Moment des Schreibens auf dem Staunen über die Frage innerhalb der existenziellen Gegebenheit basiert und dann auf der zukunftsweisenden Vision, die versucht, die Gegenwart durch ein allgemeines menschliches kreatives Universum zu transzendieren, dann ist die Erweiterung in Raum und Zeit an die Bedingung geknüpft, die Voreingenommenheit beiseitezusetzen. Diese Überlegenheitsvision respektiert nicht die Grenzen der Unterschiede und fördert weder Dialog noch Pluralismus. Es wird nicht erwartet, dass die zivilisatorische Verwirrung, die sich aus der anklagenden Vision in der arabischen Literatur produktion ergibt, Auswirkungen auf das Niveau der westlichen Kultur haben wird, und da die Logik der Zivilisationen auf der unvermeidlichen kumulativen Form basiert, ist es notwendig, den Ton des Staunens, der in kreativen Texten enthalten ist, zu dämpfen und lokale Anliegen innerhalb der menschlichen Tendenz zu zelebrieren, die die Hoffnungen, Sorgen, Anliegen und Ambitionen der Menschheit hervorheben. Was heute in der arabischen Literaturproduktion auffällt, ist die Transzendenz einer eingeschränk ten Vision und der Versuch, an dieser Hoffnung festzuhalten, die den Wunsch zum Ausdruck bringt, die Grenzen des Selbst zu überschreiten und andere zu beeinflussen, während gleichzeitig zur Schaffung einer kreativen Zeit beigetragen
Was heute in der arabischen
Literaturproduktion auffällt,
ist die Transzendenz einer
eingeschränkten Vision
und der Versuch, an dieser
Hoffnung festzuhalten, die
den Wunsch zum Ausdruck
bringt, die Grenzen des Selbst
zu überschreiten und andere zu
beeinflussen
wird, in der Identitäten, Sprachen, Texte und alle möglichen Dinge ohne Ablehnung, Ausschluss oder Überlegenheitsgefühl koexistieren. Das ist es, was es möglich macht, darüber zu sprechen, einen zukünftigen Einfluss auf die westliche Kultur zu einem Zeitpunkt zu verwirklichen, der durch die Wiederherstellung der Selbstachtung beschrieben wird, die im Bereich des Möglichen bleibt. Hierbei verlässt sich das Selbst nicht auf eine intellektuelle Krücke, die seinen Moment stabilisiert, und verwandelt sich auch nicht in ein bloßes leeres Gefäß verwandelt, das nur altruistische Überlegungen annimmt. Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Universalität des kreativen Textes mit den digitalen Gegebenheiten zum Zugang zu verschiedenen literarischen, kulturellen und kognitiven Errungenschaften beigetragen hat und der westliche Mensch seit den Anfängen des Orientalismus besessen davon war, aus seiner Sicht und basierend auf der öffentlichen Fantasie, deren Vision durch alte Schriften verstärkt wurde, den östlichen Anderen und seine verblüffende und fremde Welt kennen zulernen. Aus diesem Grund können wir ihren Einfluss in der westlichen Literaturproduktion schon früher finden.
Dann wird es zulässig, mit dem Verschwinden von Grenzen und der Erleichterung der Kommunikation in Zukunft über die Möglichkeit des Einflusses zu sprechen, zumal wir in jüngster Zeit internationale Entwicklungen gesehen haben, die die Frage nach dem westlichen Selbst gegenüber dem östlichen Anderen wieder in den Vordergrund gerückt haben. Der Aufstieg des politischen Islam, wie manche es nennen, zur Macht in mehreren Ländern, dann die blutigen Konfrontationen, mit denen er konfrontiert wurde, sowie die Ausbreitung des globalen Terrorismus und die Welle des Regimewechsels, die die arabischen Länder erfasste, zogen die Auf merksamkeit des Westens auf diesen vergessenen Osten, der am Rande der Marginalität oder des Nichts steht. Der westliche Mensch begann, mit einer Art Neugier, gepaart mit Vorsicht, dessen Geschichte zu erforschen und etwas über seine Kultur zu lernen. Dies ließ die Übersetzungsbewegung wieder aufleben, insbesondere mit der neuen Generation von Übersetzern. Im Jahr 2010 fand beispielsweise in Athen ein Symposium über arabische Literatur statt, an dem Intellektuelle und Kritiker aus dem Westen und aus arabischen Ländern teilnahmen. Die Teilnehmer betonten die Kontinuität des Einflusses der arabischen Literatur auf die westliche Kultur. Berichten einiger Medienplattformen zufolge zeigte die griechische Schriftstellerin Persa Koumoutsi, die für die Übersetzung arabischer Literatur bekannt wurde, dass die Merkmale des modernen literarischen Textes, die sich durch eine Beschäftigung mit dem Alltäglichen und Randständigen sowie durch die Aufmerksamkeit für einfache Details auszeichnen, allesamt zum Interesse westlicher Übersetzer bei. Es beseitigte das stereotype Bild, das der Westen über den lustvollen, irrationalen, rückständigen und statischen Osten kreiert hatte und in alten Schriften propagiert wurde und von frühen Orientalisten als Maßstab zur Beurteilung dieser vergessenen Welt verwendet wurde”. Der Schriftsteller, Dramatiker und Chefredakteur des Al Majalla Al Arabiya, Abdulaziz bin Saleh Al-Saqabi, geboren 1958 in Taif, Saudi Arabien, sagt: Dies ist eine kontroverse Frage über den Einfluss der arabischen Kultur und ihre Präsenz im Westen, und mit moderner Kultur meine ich etwas, was weit entfernt von den Welten aus Tausend Nacht und der islamischen Zivilisation ist.
Diese Kultur hatte in der Vergangenheit ihren Einfluss, aber wenn wir jetzt nach der arabischen Literaturproduktion und ihrem Einfluss im Westen fragen, könnte die Antwort schwierig sein. An erster Stelle stellt sich die Frage: Wo ist die arabische Produktion und wie groß ist ihre Präsenz in den arabischen Ländern? Mit dieser Frage entlarven wir uns selbst und stellen fest, dass die meisten Menschen im Maghreb nicht viele Schriftsteller aus dem Osten der arabischen Welt kennen und umgekehrt genauso. Wir haben in unserem Land noch keine eigene literarische Präsenz erreicht, außer denen, die das Glück hatten, einen Preis zu gewinnen, der ihnen etwas Ruhm einbrachte. Wir kannten zum Beispiel Jalal Barjas aus Jordanien und Muhammad al-Naas aus Libyen erst, als sie den Arabischen Booker-Preis gewannen. Jedes Jahr lernen wir einige neue Namen kennen, und das ist ein gutes Phänomen, aber das betrifft den Bereich der Romane. Im Bereich des Geschichtenerzählens sind die meis ten Autoren oft unbekannt. Vielleicht waren in früheren Zeiten einige Namen aus vielen Gründen präsent, der wichtigste war vielleicht die Medienpräsenz und die Verbindung einiger ihrer Werke zum Kino. Ich möchte nicht über die Ära der arabischen Aufklärung sprechen, in der eine Reihe großer Schriftsteller wie Al-Aqqad, Taha Hussein und andere in Ägypten existierten, da dies der Vergangenheit angehört. Lassen Sie mich hier einige Gründe für das Aufblühen der Literatur und dann für ihren Niedergang in einer späteren Zeit darlegen, sowie das, was der arabischen Kultur, insbesondere der arabischen Literatur, an Einfluss und Präsenz im In- und Ausland mangelt. Erstens: Die Verlagsbranche, mit Ausnahme einiger Verlage im Libanon, in Ägypten und teil weise in Saudi-Arabien und den Emiraten. Leider ist ihre Zahl sehr begrenzt und ihre Qualität variiert. Ich sage: Leider ist die Verlagsbranche in der arabischen Welt primitiv. Die Arbeit des Verlegers besteht lediglich darin, das Buch zu drucken und es auf Buchmessen und in einigen Bibliotheken zu verkaufen. Ich glaube, dass die Buchindustrie Anstrengungen vom Verleger verlangt, sein Buch zu vermarkten und zu bewerben und es über verschiedene Plattformen überallhin zu liefern und den Leser von dieser Veröffentlichung zu überzeugen. Wenn das passiert wäre, wäre das Buch überall verfügbar geworden und in die Hände von Nicht-Arabern gelangt, die sich für arabische Literatur begeistern und versucht hätten, sie in ihre Sprache zu übersetzen.
Hier würden wir den ersten Weg einschlagen, um den Westen und den Osten zu erreichen. Zweitens: Die Obergrenze der Zensur. Dies sollte eigentlich an erster Stelle stehen, ist aber je nach arabischem Land unterschiedlich. Ich fordere eine hohe Obergrenze unter der Bedingung, dass das göttliche Wesen und die göttlichen Werte nicht verletzt werden und es sich nicht um eine ideologische politische Veröffentlichung handelt. Im Allgemeinen sind einige Länder darüber hinausgegangen, und viele Schriftsteller unterliegen einer strengen Zensur und können ihrer Kreativität nicht freien Lauf lassen. Daher würde es, wenn die Krise der Zensur überwunden ist, einen Anreiz für den nichtarabischen Leser geben, dieses stereotype Bild, das er sich von Arabern gemacht hat, aus seinem Kopf zu verbannen und zu versuchen, von dieser Kreativität zu profitieren. Drittens: Es wird davon ausgegangen, dass es aufgrund der Präsenz einiger großer Bibliothek en und, was noch wichtiger ist, elektronischer Plattformen, kein Hindernis dafür gibt, dass das Buch in die Hand des Lesers gelangt. Das Buch kommt sowohl in der gedruckten als auch in der elektronischen Version leicht an, aber wie kann das Buch überhaupt ankommen, wenn es nicht bekannt ist und dem Leser der Inhalt nicht spannend gemacht wird? Ich denke, dass Broschüren für Buchpräsentationen und Veröffentlichungen, die das Buch vorstellen und vermarkten, nicht verfügbar sind, und wenn es sie gibt, haben die meisten von ihnen jetzt keine Glaubwürdigkeit. Des Weiteren greift aufgrund der Dominanz moderner Technologie niemand mehr auf eine Bücher vorstellende Papierbroschüre zurück, die es im Westen aber auch so gab. Aufgrund der Präsenz von Webseiten, die sich mit Büchern beschäftigen, und die direkt die Meinung und Bewertung des einfachen Lesers darstellen, gibt es sowas aber nicht mehr. Denn viele Meinungen können ein direkter Eindruck sein, der auf keinen Kriterien basiert. Ich meine hier eine Webseite wie Goodreads. Im Allgemeinen helfen solche Webseiten beim Zugriff auf Bücher, aber diese Webseiten sind international und es gibt – soweit ich weiß – keine arabische Webseite, die den Service der Vermarktung des arabischen Buches übernimmt und dem Leser das Buch vorstellt. Ebenso werden natürlich am meisten übersetzte Bücher gelesen. Viertens: Das Problem des Zentrums und der Peripherien und die daraus resultierende Herab setzung und Herabwürdigung von Schriftstellern aus den Peripherien sowie der mangelnde Blick oder vorgefasste Haltungen gegenüber vielen Schriftstellern, die aus Ländern stammen, von denen einige glaubten, dass sie keine Kreativität bieten könnten. Um ehrlich zu sein, gab es einen mangelnden Blick auf Saudi-Arabien und die arabischen Golfstaaten, und einige derjenigen, die im arabischen Raum wertgeschätzt waren, glaubten, jene lebten nur in Luxus und seien weit von Kreativität entfernt. Leider hat die politische Bewegung vor den achtziger Jahren diese Positionen stark beeinflusst, und viele Länder blieben als rückständig bekannt, obwohl diese weit davon entfernt sind. Die Kultur der Slogans beeinflusste jedoch viele, die sich mit Literatur beschäftigten, so dass man nicht mehr daran dachte, überhaupt ein Buch zu lesen, welches aus diesen Staaten stammt. Ich hoffe, dass sich diese Vorstellungen ändern und dass wir die arabische Literatur als eine Einheit betrachten, auch wenn ihre Herkunft vielfältig sind, damit wir einander erreichen und Einfluss nehmen können. Im Allgemeinen braucht die arabische Kultur Institutionen, um Veröffentlichung, Marketing, Vertrieb und Übersetzung zu organisieren und zuvor jedem Autor seinen Wert geben zu können. Dies geschieht in der Hoffnung, dass die arabische Literatur im Westen und im Osten präsent sein wird, genauso wie die nicht-arabische westliche und östliche Literatur diese Präsenz und diesen Einfluss hat. Das beste Beispiel für diesen Einfluss sind die japanischen Haiku-Gedichte und ihre begeisterte Rezeption auf arabisch. Natürlich wird es Jahre dauern, bis sich die Lage in der arabischen Welt verbessert und sie in der Welt Wertschätzung, Respekt und Präsenz genießen können. Der im Jahr 1961 in Syrien geborene Universi tätslektor, Forscher und Zeitungsredakteur Nizar Falouh beantwortet die Frage zur Universalität der arabischen Literatur und die Grenzen des Einflusses, und ob die aktuelle arabische Litera turproduktion eines Tages im Westen einflussre ich sein kann und ob die westliche Literatur in der Gegenwart einen Einfluss auf die arabische Kultur haben kann. Die Antwort auf die Frage scheint ein gewisses Maß an Spontanität zu beinhalten, da klar ist, dass Nationalliteraturen und Völker, Stimmen und Echos austauschen und einem wechselseiti gen Einfluss ausgesetzt sind. Dazu gehört auch die arabische Literatur, ob alt oder modern. Um jedoch eine eindeutige Antwort zu finden, ist es notwendig, einige Konzepte und Vorstellungen zu diesem Thema zu definieren. Die Überwindung einer Literatur über die Grenzen ihrer lokalen, geografischen und sprachlichen Umgebung hinaus und ihre Ankunft in einer anderen Gesellschaft mögen zwar eine Erscheinungsform des Übergangs dieser Literatur hin zur Internationalität sein, sie ist je doch weder ein Standard noch eine ausreichende Erscheinungsform. Zu dieser Internationalität gehören nach Ansicht von Kritikern der vergleichenden Literatur und Kulturwissenschaften weitere Kriterien und Determinanten. Darunter die Übersetzung dieser Literatur in bedeutende internationale Sprachen, die Gewinnung kritischer und wissenschaftlicher Aufmerksamkeit von Kritikern und Orientalisten über die Grenzen hinweg und die Erlangung von prestigeträchtigen Internationale Auszeichnungen. Hinzu kommt die Verbreitung unter westlichen Lesern und der Hervorhebung in der westlichen Presse, den Medien und auf westlichen Social Media Sites. All dies mag als Anzeichen dafür dienen, dass diese Literatur die Grenzen ihres kulturellen und sozialen Umfelds überschritten und begonnen hat, in westlichen Gesellschaften einen gewissen Einfluss auszuüben. Damit die Literatur Internationalität erlangen und sich über ihre nationalen Grenzen hinaus verbreiten kann, muss sie über besondere intellektuelle, künstlerische und ästhetische Komponenten verfügen. Die wichtigsten sind folgende: – Die extreme lokale Besonderheit und persönliche, nationale und ästhetische Authentizität, die sie durch ihren Puls, ihren Geist, ihrer Farbe und ihren Rhythmus von der Literatur anderer unterscheidet. – Der menschliche Geist, der die universellen und internationalen Sorgen, Schmerzen und Sehnsüchte behandelt, so dass diese Literatur gemeinsame menschliche Probleme auf warme und ausdrucksstarke Weise darstellt.- Die künstlerische und kreative Auszeichnung, die sich in der Erreichung außergewöhnlicher und einzigartiger Schönheit zeigt. Die Übersetzung eines literarischen Werks in eine internationale Sprache erreicht die Internationalität, wenn dieses Werk seine eigene kreative Einzigartigkeit in sich trägt.
Der Aufstieg des politischen
Islam, wie manche es nennen,
zur Macht in mehreren
Ländern, dann die blutigen
Konfrontationen, mit denen
er konfrontiert wurde, sowie
die Ausbreitung des globalen
Terrorismus und die Welle
des Regimewechsels, die die
arabischen Länder erfasste, zogen
die Aufmerksamkeit des Westens
auf diesen vergessenen Osten, der
am Rande der Marginalität oder
des Nichts steht
Dann kommen die nachfolgenden praktischen Aspekte, deren Bedeutung wir nicht leugnen, wie etwa Maßnahmen zur Vermarktung und Verbreitungskanäle, die den Stand des kulturellen und zivilisatorischen Dialogs zwischen den Völkern verbessern und literarischen Werken eine positive Chance für die weltweite Verbreitung geben. Hier sprechen wir von Übersetzungen, Konferen zen, internationalen Literatur- und Kulturforen, Literaturpreisen, Ehrungszeremonien sowie von Bemühungen seitens Verbände, Delegationen, Verlagen und anderen Erscheinungsformen von kultureller Aktivität und Kommunikation, die für Produzenten und Empfänger von Literatur gleichermaßen von Nutzen sind. Wenn es ein großes literarisches Werk gibt, das nicht seinen Anteil an weltweiter Verbreitung erlangt hat, kann dies häufig auf die Ineffizienz der Vermarktung zurückzuführen sein. Ein unter der Erde vergraben es Juwel bleibt jedoch ein kostbares Juwel, auch wenn man es nur durch Zufall entdeckt. Wenn eine Nationalliteratur diese genannten Komponenten erreicht, dann kann man sagen, dass sich diese Literatur im Bereich der Internationalität bewegt und Auswirkungen auf westliche und nichtwestliche Kulturgesellschaften hat. Es ist selbstverständlich, dass der Geist des Ostens die Saiten der westlichen Gitarre an einer falschen Stelle und mit einer falschen Melodie berührt, aber angesichts der sozialen, politischen und kulturellen Bedingungen, die in arabischen Gesellschaften vorherrschen, nämlich Kriege, Konflikte, Gewalt sowie moralische, kulturelle und wirtschaftliche Verschlechterung, sollten keine großen Erwartungen an die Rolle dieses Einflusses gestellt werden. Nach Erfüllung der oben aufgeführten Bedi ngungen könnten die Chancen der arabischen Literatur auf Internationalität groß bleiben. Was den zweiten Teil der Frage betrifft, so scheint die Antwort hier klarer zu sein. Es ist definitiv so, dass die westliche Kultur und Literatur sowohl früher als auch heute einen starken Einfluss auf die arabische Kultur hat. Es ist ein Einfluss, der leider immer noch von einem gestörten Verhältnis zwischen der arabischen Kultur und der Kultur des Westens beherrscht wird. Es ist ein Verhältnis, in dem mehrere Erscheinungsformen des Dualismus vorherrschen: Fortschritt und Rückständigkeit, der Sieger und der Besiegte, der Folgende und der Befolgte. Vergleichende Literaturstudien haben daran gearbeitet, die intellektuellen, kulturellen und ästhetischen Darstellungen dieses Einflusses in den Werken der arabischen Dichter, Schriftsteller und Dramatiker der Moderne, sowie den weitreichenden Einfluss westlicher kritischer Theorien auf die moderne arabische Kritik aufzuzeigen. Dies erfordert ein unabhängiges kritisches Innehalten, das einiges an Erweiterung und Ausführung benötigt. Der ägyptische Geschichtenerzähler, Schriftsteller und Forscher Fikri Dawoud, geboren 1956 in Ägypten, antwortet auf die Frage: Kann unsere Literatur den Westen beeinflussen? Ja, unsere moderne Literatur kann den Westen beeinflussen, aber nur unter ernsthaften Bedingungen und Aktivitäten. Darunter fällt:- Eine regelmäßige Übersetzungsbewegung durch neutrale und informierte Gremien, um gute und vielfältige Werke für verschiedene Generationen auszuwählen.- Komitees, die gebildete Akademiker und Schriftsteller zusammenbringen, um Schriftsteller, im Hinblick auf intellektuelle Trends, ihre Fähigkeit, Sprache zum Ausdruck ihrer Visionen zu verwenden oder im Hinblick auf Schreibmetoden und -techniken zu klassifizieren.
– Die Komitees sollten auf ein Genre spezialisiert sein, so gibt es Komitees für Lyrik und andere für Prosa.Hier ist die Sprache von Romanen und Erzählungen sowie Poesie oder Prosatheater. Der Übersetzer vervollständigt, was der Autor getan hat, nämlich den Text zu produzieren, von dem er nicht weiß, was er damit tun soll, bis seine Werke ausgewählt und übersetzt wurden, nachdem er Dutzende von Lese- und Genehmigungsausschüs sen durchlaufen hat. Daraufhin wird er durch die wichtigsten offiziellen Institutionen wie z B. Hayat Al Kitab, Hayat Qusur ath Thaqafa, Dar Al-Hilal, Muassasa Akhbar El Yom und anderen privaten Verlagen veröffentlicht. Zuvor wurden auch dutzende Studien über seine Werke verfasst und ausführlich auf Konferenzen, in Seminaren und im Radio und Fernsehen diskutiert. – Die Einschränkung der Macht einiger berühm ter Verlage, die halbtalentierte Autoren einstellen, für die sie jedes Produkt veröffentlichen, vermarkten und dann übersetzen. Offizielle Übersetzungsagenturen sollten diese Aufgaben übernehmen.
– Die Sicherstellung der gebildeten Übersetzer, denn der talentierte Übersetzer produziert einen kreativen Text und keinen wörtlich übersetzten Text. Er ist außerdem sachkundiger und in der Lage, Texte und ihren Geist zu verstehen, sodass der westliche Leser den Text richtig verstehen kann. Eine wörtliche Übersetzung kann völlig unterschiedliche Bedeutungen haben und bis zum Widerspruch führen.
– Unsere Aufmerksamkeit als Araber sollte sich nicht nur auf die Übersetzung aus Fremdsprachen ins Arabische konzentrieren, selbst wenn es in einigen Ländern, wie beispielsweise Ägypten, einen obersten Rat für Übersetzungen gibt.
– Die Beschränkung auf Werke bestimmter Gruppen und Mitarbeitenden von privaten Verlagen und die Produktion minderwertiger Literatur. Dies weckt einen negativen Eindruckvon arabischer Literatur. Westliche Kritiken sind hier gerechtfertigt, da er die arabische Literatur nur anhand der Exemplare beurteilen kann, die ihn erreichen. Die arabische Literaturszene ist überfüllt von fähigen und talentierten Autoren, denen die Verlage leider keine Beachtung schenken, unter dem Vorwand, sie seien bereits gefestigt und bräuchten weder Entdeckung noch Ermutigung. Einfache frühere Übersetzungsmöglichkeiten sollten nicht ungenutzt bleiben, wie es bei einer der öffentlichen Schriftstellerkonferenzen in Ägypten geschah. Das Konferenzsekretariat beschloss, den Konferenzbüchern zusätzliche Bücher hinzuzufügen, die übersetzte Texte einiger Autoren in drei Büchern enthielten, eines für Geschichten, das zweite für Poesie auf Hocharabisch und das letzte für umgangssprachliche Poesie. Dies hielt zwei Ausgaben lang und somit erhielten wir sechs Bücher mit Dutzende wichtiger Texte. Es sollte ein Plan ausgearbeitet werden, sie an unsere Kulturzentren und Botschaften im Ausland zu verteilen. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch und die Bücher gelangten in die Lager und kamen nicht mehr heraus. Es war so, als stünden wir uns selbst im Weg und die westliche Welt erreichte keines der Werke.
– Der wirtschaftliche Faktor spielt hierbei eine große Rolle. Wessen Werk im Inland aufgrund des Marketings scheitert, wird aus diesem Grund auch im Westen scheitern. Die Lager der Kultureinrichtungen sind voll mit Büchern, die auf Staatskosten veröffentlicht wurden und in Vergessenheit gerieten.
– Es ist unausweichlich, dass arabische Regierungen sich um die die Beteiligung einiger internationaler Gremien, wie zum Beispiel der UNESCO bemühen.
– Der Kontakt zu arabischsprachigen Schriftstellern in der westlichen Welt und ihre Teilnahme an Konferenzen oder Seminare sollte aufrechterhalten werden. Ihre Hilfe sollte in Ausschüssen bei der Auswahl der zu übersetzenden Werke ersucht werden.
Der irakische Schriftsteller Nizar Abdel Sattar betrifft, der im Jahr 1967 in Bagdad geboren wurde, glaubt, dass die arabische Literaturproduktion, die vor einem halben Jahrhundert in Erscheinung trat, im Westen hätte einflussreich gewesen sein können. Inzwischen sei die Gelegenheit jedoch bedeutungslos geworden. Der Einfluss westlicher Literatur auf die arabische Welt hat nie aufgehört und begann Anfang des 20. Jahrhunderts, wo die Phase der Verwurzelung der arabischen Literatur erst in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Gestalt annahm. Der Einfluss der westlichen Literatur auf uns hält bis heute an, und zwar mit dem Trend zur Übersetzung, der Fülle westlicher Literaturproduktion und dem Eintritt neuer Kontinente in den Bereich des kreativen Wissens. Es gibt mehrere Hindernisse, die arabische Literatur im Westen wirkungslos machen. Zu den wichtigsten gehört die Botschaft des Westens selbst, die dem arabischen Schriftsteller nicht vertraut und ihn für unzureichend hält. Der Westen hat insofern ein Recht darauf, als dass die arabische Literatur zu allen Zeiten von politischen, ideologischen und religiösen Rahmenbedingungen beherrscht wird und es daher keine wirkliche intellektuelle Beziehung zwischen den Arabern und dem Westen gibt. Der Westen will einen Osten, der über die klassische Magie verfügt, nicht über globale Literatur. Daher scheitern alle Versuche der arabischen Literatur sich dem Westen anzunähern. Es gibt große Unterschiede im Lebensbewusstsein zwischen beiden Teilen der Erde, und wir als arabische Schriftsteller sind uns dessen bewusst. Dies wird jedoch weitestgehend ignoriert, denn der Araber ist durch intellektuelle Oberflächlichkeit, die Probleme seiner religiösen Überreste und seine männliche Unterdrückung von Frauen gefesselt, und es gibt keinen international erfolgreichen Schriftsteller. Der westliche Leser kann den Araber/ der Araberin nur aus einer fantasievollen Perspektive verstehen, da es schwierig ist, die Fesseln zu entwirren, die den Araber an den Pflock seiner realen Lebensprobleme binden, die für den westlichen Leser bedeutungslos sind und mit denen er nichts zu tun hat. Wir wissen, dass Literatur eine einheitliche menschliche Energie ist und wir alle menschlichen Neigungen verstehen können, aber Literatur erfordert eine starke Mentalität, die Phänomene dekonstruiert und ihre Hüllen entfernt, um in die Tiefe vorzudringen. Tatsächlich erfordert die Schaffung einer Interaktion mit der anderen Seite des Planeten die Einpflanzung einer westlichen Mentalität tief in den Osten, und dies erfordert wiederum, dass der Araber sein Leben mit einer westlichen Mentalität betrachtet, und so kann er anspruchsvolle Literatur produzieren,die der westliche Mensch akzeptiert und die ihn beeinflusst. Meiner Meinung nach ist der Westen willentlich nicht dazu fähig und ist in seinen Überzeugungen über die arabische Literatur festgefahren. Auch westliche Verlage suchen nicht aktiv in arabischen Ländern, weil sie nicht ganz davon überzeugt sind, dass es einen Araber gibt, der westliche Leser anziehen kann. Bei all diesem Scheitern denke ich, dass westliche Verlage ihre überholten Überzeugungen aufgeben und hier herkommen sollten, um nach arabischer Literatur zu suchen.” Der sudanesische Schriftsteller Amir Taj Al-Sir, geboren 1960 im Sudan, antwortete mit folgenden Worten: „Kann die moderne arabische Literaturproduktion eines Tages einflussreich im Westen sein, und kann der literarische Westen in der Gegenwart einen Einfluss auf die arabische Kultur haben? Ich habe viel über das Thema arabische Literatur und ihre Verbindung mit dem Westen gesprochen. Vielleicht ist es ein großer Teil unserer Träume, dass diese Literatur im Westen Fuß fasst, ganz zu schweigen von dem großen Einfluss dort. Die arabische Literatur befindet sich jetzt in einer Phase, von der ich nicht weiß, wie ich sie nennen soll. Es gibt eine unheimliche Flut an geschriebenem Material, jedoch kaum etwas qualitatives. Dies ist schwer zu wissen oder schwer zu verfolgen. Niemand kann alles verfolgen, was veröffentlicht wird, anders als in den Tagen unserer Anfänge, als Kritiker und Kulturredakteure in Zeitungen die guten Stimmen aufgriffen und versuchen, sie zu unterstützen, damit sie weitermachen. Es gibt sicherlich Übersetzungen in andere Sprachen. Die Übersetzungsbewegung hat in den letzten Jahren auch zugenommen und Romanwerke und auch Werke des Geschichtenerzählens wurden ins Englische, Französische, Italienische und andere Sprachen übertragen. Dennoch sagen wir nicht, dass sich die arabische Literatur verbreitet hat oder einen Einfluss hatte. Leser im Westen haben die arabische Literatur nicht ernsthaft kennengelernt und daher ist sie ihnen weiterhin unbekannt. Wenn man an einer Buchhandlung in Rom, London oder Madrid vorbeigeht, wird man keinen arabischen Roman im Bestsellerregal finden, wohingegen man in diesem Regal jedoch einen Roman finden wird, der aus einer beliebigen Sprache ins Arabische übersetzt wurde. Darüber hinaus gibt es Verlage arabischer Literatur, die keine Kopien direkt anbieten, sondern Print-on Demand, also auf Wunsch eines Kunden, der
Im Allgemeinen braucht die
arabische Kultur Institutionen,
um Veröffentlichung, Marketing,
Vertrieb und Übersetzung zu
organisieren und zuvor jedem
Autor seinen Wert geben zu
können. Dies geschieht in der
Hoffnung, dass die arabische
Literatur im Westen und im
Osten präsent sein wird, genauso
wie die nicht-arabische westliche
und östliche Literatur diese
Präsenz und diesen Einfluss hat
nach einem Buch fragt. Ich persönlich suchte auf meinen Reisen nach meinen übersetzten Büchern und den Büchern meiner Freunde oder Kollegen und fand einige davon in verstaubten Regalen in Bibliotheken. Das bedeutet nicht, dass es keinen westlichen Leser arabischer Literatur gibt, und ich meine eifrigen Leser, einen Leser, der stundenlang in der Schlange stehen kann, um ein arabisches Buch zu lesen, wie er es bei einem chinesischen oder japanischen Buch oder einem Buch aus Lateinamerika der Fall ist, deren Literatur tiefgreifend verbreitet wurde. Letztlich besteht die Leserschaft arabischer Literatur aus Forschern, Universitätsstudierende und ein paar zufälligen Lesern. Deshalb streben wir jetzt nicht danach, dass die arabische Literatur die westliche Men talität beeinflusst, sondern wollen nur, dass die Literatur überhaupt ankommt und feste Leser hat, oder Leser, die auf etwas Neues warten. Das ist eine Arbeit, die nicht auf den Schultern von Einzelpersonen ruht, sondern vielmehr auf den der Institutionen, die sich mit der Angelegenheit befassen müssen, und es gibt viele Institutionen in der arabischen Welt, die von Kultur und Literatur reden. Wir sehen jedoch keine Anstrengun gen im Bereich der Verbreitung im Ausland, die die arabische Literatur mit seinem Reichtum und seiner kognitiven Raffiniertheit, die der Westen sicherlich nicht kennt, verdient hat. Die Frage des Einflusses der westlichen Literatur auf uns ist etwas, das als geklärt angesehen wird. Wir haben zu jeder Zeit überwiegend westliche Schriftsteller gelesen und tun dies immer noch. Die Über setzungsbewegung aus westlichen Sprachen ins Arabische ist sehr aktiv, und jedes Buch, das eine Auszeichnung gewinnt, ist schnell übersetzt. Die Autorin und Kritikerin Salwa El Saadawi, geboren 1966 in Tunesien, sagte: „Die meisten arabischen und westlichen kritischen Studien, insbesondere die Studien einiger Orientalisten und derjenigen, die sich für vergleichende Literatur interessieren, waren sich über den Einfluss unserer arabischen Literatur mit ihren verschiedenen poetischen und narrativen Genres auf die westliche Literatur einig. Unsere arabische Literatur, insbesondere im Genre des Romans, wurde auch von internationalen Romanen beein flusst. Es wurde gesagt, dass Mohammed Hussein Heikal von der Welt von Ghada Camellia von Alexander Dumas beeinflusst wurde, und dies war in seinem Roman (Zeinab) auch ersichtlich. Die meisten Kritiker betrachteten ihn als den ersten arabischen Liebesroman, dessen Autor von westlichen Liebesgeschichten und Erscheinungs formen des gesellschaftlichen Lebens beeinflusst war. Wir fanden Formen der Intertextualität und der scheinbaren und implizierten Nachahmung der westlichen narrativen Errungenschaft in arabischen Romanen und Kurzgeschichten, und zwar durch die Lesungen ins Arabische übersetz ter Romane oder ihrer westlichen Originale durch arabische Schriftsteller und Geschichtenerzähler. Als Beispiel nennen wir an dieser Stelle die Romane von Flaubert und Kafka (durch die der ägyptische Schriftsteller Sonallah Ibrahim und der tunesische Schriftsteller Abdeljabbar Al Ghish beeinflusst wurden), Ernest Hemingways und die Geschichten von Tschechow, Gogol und Guy de Maupassant. Vielmehr finden wir auch den Ein fluss des neuen Romans in Frankreich (und seiner Pioniere Michel Butor, Nathalie Saurat und Alain Robbe-Grillet) in den Schriften der Romanauto ren der neuen Sensibilität in Ägypten, Edouard Al-Kharrat, Youssef Al-Qaid, Sanallah Ibrahim und Gamal Al-Ghitani. Dies zeigt sich in der Re bellion in dem traditionelle narrative Schreiben und Theoretisieren für einen neuen Roman, der die Linearität der Zeit durchbricht, das Gewissen manipuliert und den Bewusstseinsstrom nutzt, um die psychologischen Welten der Persönlich keit aufzubauen. Wir vergessen nicht, wie Naguib Mahfouz, trotz seiner Beschäftigung mit lokalen ägyptischen Angelegenheiten, seine Lesungen der weltberühmten Romane von Dostojewski, Balzac und Dickens vertiefte und seine Schriften in eine realistische Richtung und in eine existen zielle Philosophie diversifizierte. Der existenz philosophische Einfluss zeigte sich insbesondere in den Romanen ”Der Bettler”, ”Die Straße”, ”Der Dieb” und ”Die Hunde”. Was uns hier angesichts des begrenzten Dialograums, der dem Thema des literarischen Einflusses im Wesen und Osten eingeräumt wird, beschäftigt, ist das Ausmaß der Präsenz des arabischen Narrativs in westlichen literarischen Werken, sei es aus Inspiration durch Erzählwelten oder durch Einbeziehung und inter textuelle Interaktion, zu kennen. Es besteht kein Zweifel, dass wir alle das Ausmaß des Einflusses der homosexuellen Geschichte, des Buches Kalila und Dimna, kennen, der (trotz seines indischen oder pahlavischen Ursprungs und seiner Über setzung ins Arabische, ein umstrittenes Thema unter den Kritikern) die Internationalität und Universalität durchdrungen hat, seinen Einfluss auf westliche Abenteuergeschichten oder auf den allegorischen Mythos (als symbolisches Beispiel durch sprechende Tiere bei Jean de La Fontaine) hatte. Bekannt ist auch, inwieweit die westliche Literatur vom populären Erzählerbe und den wundersamen Welten aus Tausendundeiner Nacht inspiriert ist. Dieses Geschichtenwerk war eine Inspiration für Romanautoren wie Tzvetan Todorov, der bulgarischer Herkunft war, aber auf Französisch schrieb, und Prosadichtung schrieb. Mit großer Begeisterung gibt Gabriel García Márquez zu, dass er von der Welt aus Tausend undeiner Nacht und der charmanten Erzählweise darin beeinflusst wurde, und sagt in seinem Buch” Ich lebte, um zu erzählen”: ”Ich habe aus Tausendundeiner Nacht gelernt, was ich nie ver gessen werde, nämlich, dass wir nur die Bücher lesen müssen, die uns dazu zwingen, sie erneut zu lesen.” Auch Goethe wurde von diesen seltsamen und unterhaltsamen Geschichten beeinflusst.
Romane heute Gehör in der westlichen Literatur gefunden? Wir können es nicht mit Sicherheit sagen, da es unseres Wissens nach keine zeit genössische Bibliographie gibt, die sämtliche zeitgenössischen narrativen Veröffentlichungen aus Ost und West umfasst (wir stellen fest, dass Hamdi al-Sukkut in fünf Bänden eine Bibliogra phie des arabischen Romans vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1995 zusammengestellt hat, wir kennen aber keinen, der nach diesem großen Werk diese historische und dokumentierende Be mühung fortgeführt hat. Wir könnten uns jedoch irren). Die Beantwortung unserer Frage im Titel ist angesichts der großen Zahl von Erzählungen und der großen Zahl von Autorennamen, ob Männer oder Frauen, schwierig. Es handelt sich um bekannte Namen, deren Texte sich im Gedächt nis der Leser verankert haben, die moderne Romane schrieben und sich hierauf mit Fragen des romanbezogenen Experimentierens und der romanbezogenen Postmoderne beschäftigt haben (Mohamed Al-Bardi aus Tunesien und Ahmed Al-Madini aus Marokko…) sowie um Namen, die aus verschiedenen sozialen, kulturellen und pädagogischen Schichten und aus unterschiedlichen Epochen hervorgingen. Wir haben etwas erlebt, das wir als einen Tsunami der Erzählung oder die Demokratie des Schreibens bezeichnen können, weil es auf diesem engen Raum nicht möglich ist, sicher zu sein, ob diese Texte zum Genre des Romans oder der Kurzgeschichte gehören. Daher ist es für uns schwierig, allen zeitgenössischen narrativen Veröffentlichungen zu verfolgen und alle westlichen Romane zu lesen, um nach Erscheinungsformen zu suchen, die von diesen Erzählungen beeinflusst werden. Was uns jedoch auffiel, war, dass Werken, deren Autoren Preise gewonnen haben (Booker, Katara usw.), in ver schiedene Sprachen übersetzt wurden, wie etwa ins Französische, Englische, Italienische, Russische und Deutsche. Wir sind uns nicht sicher, ob westliche Kritiker und gewöhnliche Leser heute Interesse an diesen von arabischen Schriftstellern verfassten Texten haben. Wir sind uns auch nicht sicher, ob westliche Romanautoren zeitgenös sische arabische Erzählungen lesen und von ihren Welten so beeinflusst werden wie frühere Romanautoren (García Márquez und Goethe) von unserem alten Erbe des Geschichtenerzählens beeinflusst wurden. Dafür muss man sich der Suche nach diesen Einflüssen widmen. Dies wird uns nur durch kollektive kritische Arbeit möglich sein. Die Erforschung der Einflusserscheinungen war schon vor dieser massiven Anhäufung von Texten möglich, und zwar durch die Erfüllung der Voraussetzungen für einen spezialisierten Kritiker mit umfangreichen Wissen und der viel gelesen hat, insbesondere in den Bereichen vergle ichender Literaturwissenschaft, Diskursanalyse und Dialogizität. Es reicht nicht aus, dass auf einigen Webseiten kurze Kommentare von Fach kritikern und gewöhnlichen Lesern abgegeben werden oder dass wir uns die Aussagen der preisgekrönten Romanautoren selbst anhören, die darüber sprachen, inwieweit westliche Romanau toren von dem, was sie schrieben, beeinflusst wurden. Wie berühmt diese narrativen Texte auch durch Medienwerbung, Zeitungs- und elektronische Artikel, Übersetzungen und mündliche Dialoge sein mögen, das, was über sie gesagt wurde, stellt unserer Meinung nach keine tiefgreifenden und unerschütterlichen kritischen Studien dar, die sich mit den Formen befassen, wie Romanautoren und Geschichtenerzähler im Westen und Osten sich gegenseitig beeinflussen. Wir leugnen jed och nicht das Phänomen der Akkulturation und der arabisch-westlichen und westlich-arabischen Interaktion auf kreative Weise für diejenigen, die lesen und beeinflusst werden, unabhängig von der Sprache des Originaltextes oder des übersetzten Textes, denn Akkulturation und intertextuelle Interaktion sind in allen Epochen und in allen Städten im Laufe der universellen menschlichen Erfahrungen vorhanden.
Duha Abderaouf Al-Mull
Libanesische Schriftstellerin und Romanautorin, und Mitglied der Vereinigung arabischer Autoren im Libanon. Sie hat viele Bücher veröffentlicht.