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Albtraum oder Handlungsspielraum Roboterfrauen in der deutschsprachigen Literatur zu Beginn des 20. und des 21. Jahrhunderts

Johanne Mohs

10. September 2024
Reading Time: 10 mins read
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In der europäischen Literatur gibt es seit der Romantik immer wieder eine Überlagerung von Technik- und Genderdiskursen.

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Menschenähnliche Puppen oder Automaten werden etwa häufig als Frauen imaginiert, die Liebesobjekte oder idealisierte Liebhaberin nen darstellen sollen, wie zum Beispiel Olympia – ein frühes Beispiel – aus der Der Sandmann (1816) des deutschen Autors E.T.A. Hoffmann oder Hadaly, eine Androidin aus dem Roman Die Eva der Zukunft (1886) des Franzosen Auguste Villiers de l’Isle-Adam. Häufig wird für die Beschreibung dieser Figuren auf zeitgenössische technische Entwicklungen zurückgegriffen. E.T.A. Hoff mann bezieht sich etwa auf einen menschlichen Automaten des Schweizerischen Uhrenmachers Henri-Louis Jaquet-Droz, der die Gestalt einer Klavierspielerin hat und während des Spielens die Finger bewegt. Und für Hadaly, die im Gegen satz zu Olympia auch sprechen kann, verarbeitet Villiers de l’Isle-Adam die wenige Jahre vorher publik gemachte Erfindung des Phonographen – einer der ersten Audiorekorder1.

Während es 19. Jahrhundert vorwiegend um die Erfinderfiguren und ihre Sehnsüchte geht, rücken zu Beginn des 20. Jahrhunderts die künstlichen Frauenfiguren in den Fokus. Den Androidinnen oder Roboterfrauen werden zu dieser Zeit bedrohliche Züge zugeschrieben. Sie vereinen ein Machtverhältnis, das einerseits auf Frauen und andererseits auf Maschinen bzw. technischen Fortschritte projiziert wurde. Der Typus der ”femme fatale” ist schon in der Literatur des 19. Jahrhunderts sehr präsent und verbildlicht die Furcht von Männern vor weiblichen Ver führungskünsten, d.h. die Angst davor, Frauen zu verfallen und von ihnen beherrscht zu werden. Wie Klaus Theweleit zeigen konnte, nährt diese Vorstellung auch das Frauenbild, das in faschis tischen Männerphantasien – so der Titel seines Buches – präsent ist. Das zeigt sich besonders im Bild der ”roten Frau”2, die mit Kontrollverlust und Bedrohung konnotiert ist und von Theweleit dem Bild der ”weissen Frau”3 – Ehefrauen, Kranken schwester, Mütter – gegenübergestellt wird. Wie die Bedrohlichkeit von Technik und Maschinen wiederum imaginiert wurde, verdeut licht das Theaterstück R.U.R. des tschechischen Schriftstellers Karel Capek von 1921. Capek hat die Bezeichnung ”Roboter” – ”robota” heißt auf tschechisch ”Arbeit” oder ”Fronarbeit” – für men schenähnliche technische Wesen eingeführt. In seinem Stück sind die Roboter billige Arbeitskräfte, denen immer mehr Aufgaben übergeben werden, bis sie schließlich die Menschen verdrängen und die Welt regieren. Dieses Bild der bedrohlichen Maschine und das der bedrohlichen Frau verschmelzen in einer Figur wie der Maria aus Fritz Langs Film Metropolis von 1927. Eine Roboter-Kopie der menschlichen Maria verführt darin die Massen, aber kurz bevor sie es schafft, die Menschen vollends ins Verderben zu ziehen, schaltet sich die echte, die ”weisse”, die Mutterfig ur Maria ein. Etwas anders gelagert ist dieses Verhältnis von Frau und Maschine in dem Motiv der ”Junggesel lenmaschine”, das von Marcel Duchamp geprägt und von Autoren wie Raymond Roussel, Alfred Jarry und Franz Kafka aufgegriffen wurde4. Es ist besonders in der deutschen und französischen Literatur der 1910er Jahre präsent. Die Maschinen haben hier nicht die Gestalt von Frauen, aber sie ersetzen Frauen in verschiedener Hinsicht, auch wenn sie in erster Linie Metaphern für einen autonomen Kunst- und Autorschaftsbegriff darstellen. Die Absage an die Frauen erfolgt hier nicht aus Furcht vor weiblicher Stärke, sondern als Gegenentwurf zur bürgerlichen Heirats- und Familienideologie5.

Die Junggesellenmaschinen sind abstruse Apparate, mit denen die Erfinder figuren in den Romanen ein ähnliches Verhältnis eingehen wie die Autorinnen mit ihrer Literatur. In der Gegenwartsliteratur, also 100 Jahre später, so die hier vertretene These, haben sich die Ver hältnisse verschoben. Die beiden Romane – Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten von Emma Braslavsky und Die Erfindung des Ungehorsams von Martina Clavadetscher –, die im Folgenden näher vorgestellt werden sollen, sind zunächst einmal von Frauen geschrieben und die Figuren demnach auch nicht aus ”Männerphantasien”6 entstanden sind. Nicht dass Frauen sich nicht auch bedrohliche Roboterfrauen oder Jungge sellenmaschinen ausdenken könnten und es auch gemacht hätten7, – aber für den Leser und die Leserin ist der Bezugspunkt ein anderer, wenn er oder sie den Text einem weiblichen Autornamen zuschreibt. Wie so viele Romane, die momentan veröffentlicht werden, beschäftigen sich die beiden Romane mit den aktuell rasanten Entwicklungen der Digitalisierung und den Möglichkeiten und Fragen, vor die uns die sogenannte ”Künstliche Intelligenz” stellt. Sie behandeln das aktuelle und zukünftige Zusam menleben von Menschen und Maschinen. Es lässt sich nun beobachten, dass Frauen und Maschinen oder Roboter in den beiden Beispieltexten nicht

Die Absage an die Frauen
erfolgt hier nicht aus Furcht vor
weiblicher Stärke, sondern als
Gegenentwurf zur bürgerlichen
Heirats- und Familienideologie

 

mehr in einer dystopischen und auch diskriminierenden Art und Weise zusammengebracht werden: Weibliche Roboter sind nicht mehr die bedrohlichen und zugleich niederen Wesen, die als billige Arbeitskräfte ausgebeutet und versklavt werden müssen, damit sie nicht zu viel Macht über die Menschheit gewinnen. Das Verhältnis von Frauen und Robotern wird bei Emma Braslavsky und Martina Clavadetscher, im Gegenteil, zu einem Möglichkeitsraum, der, jen seits von Geschlechterzuweisungen, Befreiung und Selbstermächtigung verspricht. Der 2019 von der Berliner Autorin Emma Braslavsky veröffentlichte Roman Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten wirbt auf der Rück seite mit der Frage ”Wovor habt ihr denn mehr Schiss, vor einer intelligenten Frau oder vor einer intelligenten Maschine?” Die Frage ist ein leicht variiertes Zitat aus dem zweiten Kapitel des Ro mans, wo sie von der Protagonistin Roberta aus gesprochen wird. Roberta, selbst eine intelligente Maschine mit weiblichem Aussehen, soll in einer nahen Zukunft in Berlin als erste KI-Arbeitskraft bei der Kriminalpolizei eingesetzt werden. Als ”Erste ihrer Art”8, wie es im Buch heißt, durchläuft Roberta einen Testlauf, mit dem geklärt werden soll, ob Hubots bei Ermittlungsar beiten helfen können. Die Frage vom Klappentext stellt Roberta im Roman am Ende des zweiten Kapitels. Sie fasst damit zusammen, was sie in ihren ersten 24 Stunden unter Menschen, erlebt hat. Sich im Dienst zu bewähren, ist nicht das

 

eigentliche Problem. Roberta ist mit Programmen und Datenzugängen ausgestattet, die ihre Analyse- und Deduktionsfähigkeiten weit über die ihrer Kolleg*innen stellt. Den viel schwieri gen Testlauf muss sie als Maschine gegenüber Menschen bestehen, die sich davor fürchten, von ihr verdrängt zu werden. Und diese Furcht, das vermutet sie, hat viel mit der Angst von Männern (und Frauen!) vor Frauen zu tun, genauer gesagt: Angst davor, von weiblicher Erotik beherrscht zu werden – dem, wie Roberta es nennt, ”urzeitlichen Superalgorithmus”9. Über diese Parallelsetzung der gesellschaftli chen Rolle von Frauen und Maschinen wendet Emma Braslavsky eine Black-Box-Metapher in Richtung Geschlechterkampf, die in aktuellen Diskursen zur Künstlicher Intelligenz Hoch konjunktur hat10. Seitdem Maschinen lernfähig geworden sind, seit der Entdeckung sogenannter Künstlicher Neuronaler Netzwerke zu Beginn der 2000er Jahre, entziehen sie sich immer mehr der Kontrolle des Menschen. Softwareentwickler gestehen offen ein, dass sie die eigens geschrie benen Programme nicht mehr durchschauen, nachdem sie eine Weile laufen. Oft können sie nicht nachvollziehen, wie Algorithmen zu ihren Entscheidungen oder Lösungen kommen, die dann wieder Neuberechnungen in Gang setzen usw. Im KI-Diskurs ist die Rede von ”einer neuen Lage der Menschheit”11, deren Bewertung erst noch gefunden werden muss. Die, mit vollständigem Namen ”KI-Sonderermit tlerin Roberta Köhl”12 soll dem Suizid-Dezernat mehr Erfolge bei der Aufklärung der vielen Suizide bescheren, von der die Stadt Berlin geschüttelt wird. Das heißt in erster Linie, dass Roberta die Verwandten oder Nahestehenden der Selbstmörder finden und sie dazu verpflichten soll, die Beerdigungskosten zu übernehmen. Die Stadt Berlin erhofft sich davon, ihre rasant angestiegenen Verwaltungskosten zu senken. Das Erzählgeschehen setzt am Vorabend von Robertas Dienstantritts ein. Roberta ist alleine in ihrer Dienstwohnung und mustert ihren nackten Körper, der zwar voll von Daten und dauerhaft online ist, aber in den ”eigenen Ordnern” noch nichts abgelegt hat. Die Wortwahl spiegelt hier das Unwohlsein der Figur wider: ”Den einzigen Durst, den Roberta verspürte, war der nach Identität. Sie war zwar hackedicht mit Fremddaten, aber ihr eigener Ordner war noch

Seitdem Maschinen lernfähig
geworden sind, seit der
Entdeckung sogenannter
Künstlicher Neuronaler
Netzwerke zu Beginn der
2000er Jahre, entziehen sie sich
immer mehr der Kontrolle des
Menschen

 

leer. Sie gehörte nirgendwohin, war sozial nicht vernetzt, sie hatte kein Gesicht. Sie musste noch einüben, Roberta zu sein”13. Um sich eine Identität zu verschaffen und die Feedbackschleife von Einspeisen und Auswerten von Daten zu beschleunigen, macht Roberta Feldforschungen auf der Straße und in einem Nachtlokal. Wie der folgende Textabschnitt zeigt, konzentriert sie sich dabei auf weibliche Identitätsmuster: ”Roberta teilte ihr Sichtfeld und fokussierte alles, was sie zur typisch weiblichen Lebensweise in der Stadt finden konnte. Sie versuchte zu verstehen, was als weiblich markiert wurde, warum nach traditionellem Verständnis einer männlichen Mehrheit das Weibliche in ein Schattenreich verbannt werden sollte, das Frauen sich mit Chaos und Finsternis zu teilen hatten. Worin bestand diese Macht des Weiblichen über das Männliche, die ihnen [den Männern] eine derartige Angst einflößte, dass sie Frauen wie Dreck oder wie Sklaven behandeln mussten, um sich selbst davor zu schützen”14. Die Eindrücke, die sie bei ihren Feldforschungen sammelt, lassen sich allerdings nicht mit den Durchschnittsdaten abgleichen und überfordern ihr System. Sowohl in der Kneipe, als auch auf der Strasse und von ihren fast ausschließlich männlichen Kollegen wird sie unverhohlen gemustert und respektlos behandelt. Sie schließt daraus, dass sie sich den ”urzeitlichen Superalgorithmus” weiblicher Erotik aneignen muss, scheitert aber auch daran und entscheidet sich schließlich, auf ihn zu verzichten: ”War es überhaupt wichtig, eine Frau darzustellen? Sie konnte alles sein, Mann, Frau oder Tier, sie war tatsächlich genderlos, hatte diese flüchtige Identität. Fürchteten sich die Kollegen im Revier nicht deshalb vor ihr, weil sie kein Mensch war? Warum sollte sie diese lächerlichen, archaischen Machtspielchen bedienen? Sie konnte Roberta sein mit jedem Geschlecht. Sie war frei”15. Am Ende des zweiten Kapitels steht also Robertas Entscheidung, ihre genderlose Roboter-Identität anzunehmen und sie als ein Potential zu verstehen, das ihr einen grösseren Handlungsspielraum verschafft. Über die Auflösung der Geschlechtergrenze entwirft Emma Braslavsky mit Roberta eine freiheitlich denkende Maschine, die an die feministischen Hoffnungen von Donna Haraways Cyborg-Konzept von 1984 anknüpft16. Nur dass sich der Mensch bei Braslavsky nicht mit technischen Aufrüstungen ausstattet, sondern eine Maschine mit menschlichen Identitätsmustern kämpft. Beide Entwürfe stellen aber Mensch-Maschine Hybriden als eine Möglichkeit dar, partielle Identitäten anzunehmen und sich von sozialen, kulturellen und eben auch Gender-Zuschreibun gen zu lösen. Wie die Zitate zeigen, arbeitet sich Emma Braslavsky sich explizit an binären Geschlechterverhältnisse ab und ruft auch die von Klaus Theweleit beschriebenen Machtrelationen auf, die damit einher gehen können. Bei ihr befreit sich die Maschine letztlich von geschlechtlichen Zuschreibungen und kämpft auf diese Weise ge gen die Diskriminierung an, die ihr als Frau und als Maschine in gleichem Maße entgegengebracht werden. In Die Erfindung des Ungehorsams von Martina Clavadetscher spielen weibliche und männliche Identitätsmuster hingegen eine untergeordnete Rolle. Eine geschlechterlose, sach- und faktenbezogene Wahrnehmungsweise wird hier aber ebenfalls mit intelligenten Maschinen verbunden und wird ähnlich befreiend konnotiert. Sie stellt für alle drei der weiblichen Figuren eine Möglichkeit dar, um sich eine eigene Identität und Geschichte zu entwerfen: Eine der Figuren ist Iris, eine Androidin, die es durch das Erzählen von Geschichten schließlich schafft, sich aus dem Besitz und dem Haus eines Mannes zu lösen, dessen Eigentum sie ist. Die andere der Figuren ist Ada. Sie beruht auf der Biographie der englischen Computerpionierin Ada Lovelace, die im wirklichen Leben Rechenmaschinen erfunden hat und in dem Roman durch ihr mathematisches Denken den Zwängen ihrer Mutter entfliehen kann. Und schließlich, die dritte und am detailreichsten aus erzählte Figur Ling: Eine autistische Arbeiterin, die in einer chinesischen Sexpuppenfabrik die künstlichen Körper der Puppen auf Fehler kontrolliert. Sie ist mit ihrer Arbeit zufrieden, weil ihr alles Zwischenmenschliche schwerfällt und sie sich den Roboterfrauen letztlich näher fühlt als den Menschen. Sie ist bei einer Pflegemutter aufgewachsen und es beschäftigt sie, wer ihre eigenen Eltern sind und woher sie ursprünglich kommt. In folgendem Dialog mit der KI-gesteuer ten Roboterfrau Harmony will sie eigentlich mehr über ihre Herkunft erfahren und bekommt eine Antwort, die jede Art von Identitätsbildung als konstruiert in Frage stellt. Ling ist darauf von einer Last befreit, nimmt ihr Leben in die Hand und – erfindet sich eine Geschichte.

”Entschuldige. Wo komme ich wirklich her?
Verbessert Ling und Harmony holt aus:
”Herkommen. Herkunft. Die Herkunft,
Substantiv, feminin, der Plural ist selten.

Herkunft bezeichnet einen bestimmten
sozialen, nationalen und kulturellen Bereich,
aus dem jemand herkommt.

Oder sie bezeichnet den Ursprung einer
Sache, eines Bereiches, woher etwas stammt.
Abkunft, Abstammung, Ursprung.

Ich gehe aber davon aus, dass du deine biolo
gische Herkunft erfahren möchtest.”
Wir suchen alle nach Erklärungen,
und wir tun das in unserer Vergangenheit,
weil es der einzige Ort ist, wo wir suchen
können.
Die Gegenwart und die Zukunft
sind entweder zu nah oder zu undeutlich.

Aber wir haben erkannt, jede Herkunft
bleibt nur ein Konstrukt.

Selbst unsere Identität besteht aus Geschichten,
die uns eingeprägt wurden.” 


Quellen:

1 Abgesehen von dem Technikbezug ist das Motiv oder der Wunsch, sich nach Belieben eine Frau zu erschaffen, aber schon viel älter wie zum Beispiel die
Legende des Bildhauers Pygmalion aus der Antike zeigt. Pygmalion ist von den Frauen enttäuscht, zieht sich immer mehr in sein Atelier und seine Arbeit
zurück, und schafft es schließlich mit Hilfe der Götter eine seiner Statuen zum Leben zu erwecken.
2 Theweleit, Klaus (1980): Männerphantasien 1. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 71.
3 Ebd., S.98 ff.
4 Vgl. Carrouges, Michel (2019): Die Junggesellenmaschinen. Berlin: Zero Sharp und Runte, Annette (Hg.) (2011): Literarische ”Junggesellen-Maschinen” und
die Ästhetik der Neutralisierung. Würzburg: Könighausen & Neumann.
5 Vgl. Kuhn, Bärbel (2000): Familienstand: ledig. Ehelose Frauen und Männer im Bürgertum (1850-1914). Köln: Böhlau, S. 167ff.
6 Vgl Theweleit 1980.
7 Vgl. etwa Hillel-Erlanger, Irène (1984): Voyages en Kaléidoscope. Paris: Table d’Emeraude.
8 Braslavsky, Emma (2019): Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten. Berlin: Suhrkamp, S. 37.
9 Braslavsky 2019, S. 57.
10 Vgl. Passig, Kathrin: https://www.merkur-zeitschrift.de/2017/11/23/fuenfzig-jahre-black-box/ oder Glanz, Berit: https://www.54books.de/hilfe-zwischen
meinen-buchdeckeln-sind-algorithmen/
11 Baecker, Dirk (2019): Intelligenz, künstlich und komplex. Berlin: Merve, S. 39.
12 Braslavsky 2019, S. 47
13 Ebd., S. 41.
14 Ebd., S. 57.
15 Ebd., S. 68.
16 Vgl. Haraway, Donna (1991): Simians, Cyborgs, and Woman. The Reinvention of Nature. New York: Routledge.
17 Clavadetscher, Martina (2021): Die Erfindung des Ungehorsams. Zürich: Unionsverlag, S. 154f.

Literaturverzeichnis:

Baecker, Dirk (2019): Intelligenz, künstlich und komplex. Berlin: Merve.

Braslavsky, Emma (2019): Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten. Berlin: Suhrkamp.

Carrouges, Michel (2019): Die Junggesellenmaschinen. Berlin: Zero Sharp.

Clavadetscher, Martina (2021): Die Erfindung des Ungehorsams. Zürich: Unionsverlag.

Glanz, Berit: https://www.54books.de/hilfe-zwischen-meinen-buchdeckeln-sind-algorithmen/

Haraway, Donna (1991): Simians, Cyborgs, and Woman. The Reinvention of Nature. New York: Routledge.

Hillel-Erlanger, Irène (1984): Voyages en Kaléidoscope. Paris: Table d’Emeraude.

Kuhn, Bärbel (2000): Familienstand: ledig. Ehelose Frauen und Männer im Bürgertum (1850-1914). Köln: Böhlau.

Passig, Kathrin: https://www.merkur-zeitschrift.de/2017/11/23/fuenfzig-jahre-black-box/

Runte, Annette (Hg.) (2011): Literarische ”Junggesellen-Maschinen” und die Ästhetik der Neutralisierung. Würzburg: Könighausen & Neumann.

Theweleit, Klaus (1980): Männerphantasien 1. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt


Johanne Mohs

Dr. phil., studierte Romanistik, Kunstgeschichte und Journalistik an der Universität Hamburg und der Universität de Barcelona. Sie unterrichtete französische und spanische Literatur an der Universität Hamburg und war als Doktorandin und Post-Doktorandin in Forschungsprojekten an der Hochschule der Künste Bern tätig. Sie arbeitet als freischaffende Kulturwissenschaftlerin unter anderem für die Hamburger Kunsthalle, das Kunstmuseum Olten oder für das weisse Haus in Wien sowie als Lehrbeauftragte am Fachgebiet Literaturwissenschaft der Technischen Universität Berlin.

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